23 September 2013, Edda Breski, Allgemeiner Anzeiger
Review (de)
Erinnerungs-Strom
Die Performance 'Stifters Dinge' in Duisburg
"eine Kunst-Collage, die mannigfaltige Anspielungen raffiniert verknüpft. Etwa, als das Gemälde 'Der Sumpf' von Jacob van Ruisdael mit orangenem, rotem und blauem Licht auf eine Reise durch Länder und Kontinente geschickt wird. Einmal wird ein Auszug aus Adalbert Stifters 'Eisgeschichte' vorgelesen. Goebbels verweist in 'Stifters Dinge' auf die Eigenart des Biedermeier-Schriftstellers, in seinen Erzählungen Natur so detailliert zu beschreiben, als male er sie mit Worten nach, und mit diesem Erzählstrom eine eigene Naturästhetik zu definieren. Ähnlich Goebbels: Musik, Bild und Bewegung verbinden sich zu einem Strom von Anspielungen und Zitaten, der eigene Wahrnehmung anstößt. Jeder Zuschauer wird diese Collage anders wahrnehmen. Jeder erzeugt in seinem Kopf eigene Bilder, etwa, als sandfarbene Vorhänge sich hebend und senkend an tropische Lichtwechsel erinnern. Oder wenn Tropfen in die Becken fallen wie Regen und ein Player-Piano den zweiten Satz aus Bachs Italienischem Konzert spielt. Wer seine Augen anstrengt, sieht über den niedergehenden Tasten den Negativraum tanzen. Später fährt das Klaviergerüst wie ein Wesen auf die Zuschauer zu, man hört einen Wechselgesang, in dem kolumbianische Ureinwohner das Böse bannen. Das muss man nicht wissen, um von der Ästhetik des Moments beeindruckt zu sein. Man kann hinterher selbst schauen, wie 'Stifters Dinge' als Wundermaschine zusammengesetzt sind. Der Besucher soll, so weit das geht, selbst bestimmen, was er sieht."
on: Stifters Dinge (Music Theatre)