5 March 2011, Heidemarie Klabacher, Der Standard
Review (de)
Flöte trifft Teekessel
Eröffnung der Salzburg Biennale mit "Schwarz auf Weiß" von Heiner Goebbels
Seit der Uraufführung, immerhin schon im Jahre 1996, tourt das Ensemble Modern mit Schwarz auf Weiß durch die Lande - beäugt und betreut vom Komponisten Heiner Goebbels, der "bei meinen Arbeiten gerne" dabeibleibt. Klar: Der Fixierung auf Uraufführungen "misstraut" er ebenso wie die neue Salzburger Biennale-Intendantin Heike Hoffmann. Beide halten wohl die Überführung neuer Werke ins Repertoire für sehr wichtig.
Schwarz auf Weiß ist seinerzeit von Komponist Goebbels und den Mitgliedern des Ensemble Modern gemeinsam entwickelt worden. Und trotz der gut achtzig Aufführungen seit 1996 wirkt die Produktion lustvoll improvisiert und besticht durch eine federleichte Selbstironie. Nichts ist jedenfalls zu spüren vom heiligen Ernst, der zeitgenössische Zelebrationen doch gern begleitet:
Tennisbälle werden auf die Schlagzeugdonnerwand geworfen. Ein Metallstift - vom Schnürboden heruntergelassen - streift sanft über die Saiten eines Kotos, dieser japanischen "Zither". Die Streicher greifen zu Tuben und Posaunen und tun sich mit den (gelernten) Bläsern zu einer wilden Musikbanda zusammen. Clavichord und Zymbal, E-Gitarre und Kontrabass spielen gleichberechtigte Rollen neben Licht und Schatten, Wort und Ton, Bewegung und Aktion.
In der Intimität des Salzburger Landestheaters kommen einem die Mitglieder des Ensemble Modern auch sehr nahe - in ihrer altmodischen Kleidung, mit ihren Tennis- und Federbällen, Posaunendämpfern und Schatten. Vor allem mit ihren Schatten, die die Menschen zu verdrängen scheinen. Das Duett des Flötisten mit dem dampfenden Teekessel ganz vorn an der Rampe hatte auch etwas Besonderes.
Heiner Goebbels hat mit Jean Kalman und Norbert Ommer (Licht- und Klangregie) ein poetisch-schwebendes Ganzes gewoben. "Das Stück ist kraftvoller geworden. Die Musiker sind jetzt nicht mehr junge Männer, sondern gestandene Familienväter. Das macht stärker", so Goebbels bei der Pressekonferenz in Salzburg. Wenn sie Großväter sind, wird Schwarz auf Weiß immer noch funktionieren.
DER STANDARD, 5./6.3.2011
on: Schwarz auf Weiss (Music Theatre)