27 November 1995, Harry Lachner, Süddeutsche Zeitung
Review (de)

Untitled

"(...) Fast gewaltsam, schneidend und unbarmherzig fallen die Instrumente ein in den fiktiven Diskurs der gegensätzlichsten Texte, der doch im Grunde nur das Monologisieren eines verzweifelt Fragenden ist. André Wilms rezitiert, lebt ein dreistimmiges Gespräch über Bäume. Ein Sprechen über die Natur, weil ein Sprechen über den Menschen (jedenfalls für Ponge) nicht mehr möglich scheint. Der Körper wird zu einem Ort, an dem die Sprachen kreuzen, durch den die verschiedensten Gedanken hindurchgehen. Heiner Goebbels nimmt sich auf seiner neuen CD Ou bien le débarquement désastreux Texten von Joseph Conrad, Francis Ponge und Heiner Müller an, fragmentiert sie, und ordnet sie neu zu einem engmaschigen Netz von Sätzen und Tönen, das seine eigene Logik entwickelt. Die findet ihre Entsprechung in einer musikalischen Ästhetik, bei der Heiner Goebbels auf vordergründige, weil modische Schnitt-Techniken verzichtet. Gewiß, die Brüche sind spürbar, aber die Zielrichtung verliert den Kohärenzgedanken nicht aus dem Blick, weiget sich andererseits aber nachhaltig, bloße Mischformen mit ethnischen Anklängen zu produzieren. (...) Ou bien le débarquement désastreux - Oder die glücklose Landung: ein fesselnder Bericht des Scheiterns, höchst virtuos inszeniert und zutiefst verstörend.

on: Ou bien le débarquement désastreux (CD)