19 June 2011, Henning Queren, Hannoversche Neue Presse
Review (de)
"Max Black": Der Alchemist der Klänge
Grandioser Schauspieler André Wilms: „Max Black“ in der Herrenhäuser Galerie bei den Kunstfestspielen Hannnover.
Sieht ein bisschen aus wie im verrückten Labor eines Dr. No, allerlei merkwürdige Geräte stehen herum, gigantische elektrische Schalter, irgendwo blubbert ein Glaskolben, dann geht plötzlich ein krachender Feuerzauber los, Brandbänder ziehen über den Bühnenboden, dann wieder macht eine meterlang gespannte Saite einen infernalischen Lärm. Und über die Bühne tigert ein durchgeknallter Wissenschaftler, der allerlei verwirrte Gleichungen aufstellt, „grenzenlos im Augenblick“ sein will. „Max Black“ hat Komponist Heiner Goebbels 1996 seine Kunstfigur genannt, die irgendwie auf der Suche nach der Weltformel der Musik ist. Und Klang ist hier, frei nach John Cage, alles. Da ist Musik in der Espresso-Kanne, da klingen Bleistift und Fahrradspeichen, abgenudelte Plattenspieler. Unter der Decke hängen Glassärge mit ausgestopften Tieren, die auch für das eine oder andere Geräusch taugen. Das Besondere ist die Aufbereitung, die einzelnen Geräusche, Klänge, Sounds, gesprochenen Wörter werden auf hochkomplexe Weise verwandelt, per Loop und Echo scheinbar bis in alle Ewigkeit wiederholt, verstärkt, rückgekoppelt, verzerrt. Manchmal muss man schon als Zuschauer den Kopf einziehen bei den pyrotechnischen Effekten und die Luft anhalten, wenn die schweren Rauchschwaden durch die Galerie wabern. Und die schönste Szene: Der verrückte Professor wandert nach hinten ab, immer weiter in die Tiefe des Raumes, der sich dann ganz hinten öffnet und den Blick in den lebendigen Garten freigibt. Riesenapplaus, Bravos für einen in jeder Hinsicht grandiosen André Wilms als Max Black, der in einer ebenso wunderlichen wie wunderbaren Vorlesung gezeigt hat, dass jedes Geräusch Musik werden kann oder vielleicht sogar schon ist.
on: Max Black (Music Theatre)