23 October 2000, Die Welt
Review (de)

Untitled

[...] Hashirigaki, das sind bei Goebbels betörend schöne Sound- und Szenenbilder, aus denen eine von unzähligen denkbaren Welten auftaucht. Diese Welt macht erst gar nicht den Versuch, wirklich zu wirken. Europäische, japanische und amerikanische Text- und Musikelemente werden hoch stilisiert und verschmelzen dort oben zu einem künstlerisch-künstlichen Weltstadtbild: stark geprägt vom Lichtdesign Klaus Grünbergs, der den ganzen hohen Raum mit künstlichen anmutenden Farben voll laufen läßt, von Grün zu Rot zu Gelb. Drei Schauspielerinnen aus verschiedenen Kulturkreisen tragen die Musik und die Texte vor: Charlotte Engelkes aus Schweden, die Franco-Kanadierin Marie Goyette und die Japanerin Yumiko Tanaka. Die Texte - Auszüge aus Gertrude Steins "The Making of Americans" - werden von Goebbels geschickt als Töne in die Komposition eingebaut. Der Sinn der Worte geht nach 1001 Wiederholungen verloren, ihr Klang verschmilzt mit Teilen des Brian-Wilson-Musikstücks "The Making of Pet Sounds" und verschiedenen Tony-Asher-Chansons, mit Geräuschen und traditioneller japanischer Musik zu einem neuen Ganzen. [...] In der Musik geschieht parallel ein kleines Wunder: Fremdartig klingende japanische Instrumente - das dreisaitige Shamisen, das zitherartige Taisho-Koto, das violinenähnliche Kokyu - werden gemeinsam mit dem russischen Theremin, marrokanischen Zimbeln, einem französischen Kasten-Harmonium zu einem futuristischen Orchester. Es spielt den Nowhere-Blues der Stadt, die auf der Bühne entstanden ist und Everywhere-City heißen könnte, wollte man ihr einen Namen geben. Aber genau das will man nach diesem Abend nicht mehr...

on: Hashirigaki (Music Theatre)