5 February 2024, Michael Pitz-Grewenig, Klassik.com
Review (de)
Wundertüte der Klänge
Harry Partch: Delusion of the Fury - Ensemble Musikfabrik
Wohl am radikalsten verkörperte Harry Partch (1901-1974) die Personalunion von Komponisten, Instrumentenbauer, Sänger, Spieler und Theoretiker. Er erfand sein eigenes Tonsystem basierend auf 43 Mikrotönen pro Oktave. Dazu entwickelte er einen Kosmos eigener, meist perkussiver Instrumente von ungewöhnlicher Gestalt und ungewohntem Klang. Ausgehend von japanischen und afrikanischen Mythen entwickelte er das Musiktheater bzw. die szenische Komposition „Delusion of the Fury“, einem Spätwerk aus dem Jahre 1964. Er konstruierte hierfür zahlreiche Instrumente, um seine Klang- und Harmonievorstellungen auf die Bühne zu bringen, inhaltlich ist es u.a. eine Melange aus dem japanischen Nō-Theater, äthiopischen Volksmärschen. Partch schwebte ein Theater ohne präzisen Ort, bei dem sich die Zeitebenen überlagern. Dabei werden Aspekte des menschlichen Daseins zwischen Sinnlosigkeit, Entrüstung, Gerechtigkeit usw. abgehandelt. Dabei werden zusätzlich in zwei Akten („on a japanese theme“ und „on an african theme“), ein Blick auf Kulturen geworfen, die uns gleichsam fremd und doch vertraut erscheinen. Partch spannt in diesen zwei Akten ein rituelles Netz, das das Leben und die Versöhnung der Lebenden mit dem Tod feiert.
Im Jahre 2013 brachte das „Ensemble Musikfabrik“ diesen „klingenden Skulpturenpark“ unter der Regie von Heiner Goebbels bei Ruhr-Triennale zu einer spektakulären Aufführung. Spektakulär, mal abgesehen von der Aufführung, auch in dem Sinne, dass das Instrumentarium wieder neu gebaut werden musste. Im Auftrag des „Ensemble Musikfabrik“ und der Ruhr-Triennale wurden unter der Leitung des Schlagzeugers Thomas Meixner die Instrumente rekonstruiert.
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