23 August 2019, Andreas Wilink, nachtkritik.de
Review (de)
Aufbau Europa – Abbau Europa
Everything that happened and would happen – Ruhrtriennale – Heiner Goebbels entdeckt in der Jahrhunderthalle Bochum einen Kontinent
"Ouredniks knapper Aufriss, der politisch Faktisches, kulturelle Normierungen und Paradigmenwechsel, Definitionen, Sprachakte, Statistiken und mehr sammelt und zur schmerzhaft bereinigenden Klärung darbietet, wird in Heiner Goebbels Projekt "Eyerything that happened and would happen" zu einem Baustein dessen europäischen Mausoleums. Oder auch babylonischen Turms. Ein Vielklang aus Text ("Europeana"), Bild und Licht (Klaus Grünbergs Ausstattung für John Cages "Europeras 1 und 2", mit deren Inszenierung Goebbels 2012 als Intendant seine Ruhrtriennale eröffnet hatte), projizierten unkommentierten Nachrichten (des Senders Euronews), Musik, Spiel und – ja, wenn es im Titel schon mitschwingt – Happening...." "Was ist Europa? Beide derselben Generation angehörenden Autoren, Ourednik und Goebbels, ähneln sich in ihrer Perspektive auf die Welt, wie sie ist oder ihrer Vorstellung entspringt: die der Außenposition, des Auf- und Überblicks. Von dort aus fragen sie, wer oder was Europa sein könnte, betrachten den Furor und das Fatale der Nationalismen, die den Kontinent auf die Zerreißprobe gestellt haben – und stellen. Die Pariser Weltausstellung 1900, koloniale Missetaten, kuriose Fraternisierungen an der Ersten Weltkriegs-Front, die verheerende Grippe-Epidemie, die Toten von Buchenwald, die Entwürfe zum Holocaust-Mahnmal in Berlin – einige der zumeist auf Englisch vorgetragenen episodischen Momentaufnahmen." ..."Wir wollen Heiner Goebbels deshalb gern den Phileas Fogg der Kunstsynthese nennen, der es in 80 plus 55 Minuten um die Welt schafft."
on: Everything that happened and would happen (Music Theatre)