17 April 2003, Karl Harb, Salzburger Nachrichten
Review (de)
Philharmonische "Eintragungen"
Rückwirkend gesehen passte der dienstägige Vorspruch" zum Konzert, die erste Auftragskomposition der Berliner Philharmoniker für die Rattle-Ära, klug ins Gesamtkonzept. Heiner Goebbels schuf mit dem "Tagebuch", seinen "kurzen " für Holz- und Blechbläser, eine riesige "Batterie" aus Schlagzeugern, Klavier und Sampler (Simon Stockhausen), Harfe und acht Kontrabässe, wirkungsvolle 20 Musik-Minuten. Sie changieren in blockartig aneinander gereihten Abschnitten rhythmisch und melodisch zwischen jazzig, funkig und symphonischer Süße, verhehlen nicht eine gewisse mahlereske, bildlichdramatische Attitüde. Sie provozieren - auch in der Einbindung von alltäglichen Geräuschen - nirgends das Ohr klassischer Abonnenten. Man kann diese Musik also mit einigem guten Willen ohne weiteres genüsslich hören und konsumieren. In England gibt es diese Tradition eines open mind" schon länger (etwa bei Mark-Anthony Turnage), für Deutschland mag die Grenzüberschreitung zumal in hehren philharmonischen Hallen noch ungewohnt sein. Für die Osterfestspiele war das "Wagnis" letzlich doch ein (auch für den anwesenden Komponisten) freundlich beklatschter Erfolg.
on: Aus einem Tagebuch (Composition for Orchestra)