22 November 2003, Frankfurter Allgemeine Zeitung
Review (de)
Signal verstanden
Simon Rattle und die Berliner Philharmoniker in New York
(...) das dritte begann mit Heiner Goebbels` "Aus einem Tagebuch", um dann über Sibelius´s Siebte noch bei einem Schlachtroß des klassischen Konzertbetriebs, bei Schuberts großer C-Dur-Sinfonie, zu enden. Wie zu vernehmen, waren darüber die amerikanischen Konzertveranstalter nicht alle beglückt. Aber schon mit den Programmen, mit ihren überraschenden Kombinationen, ihrer Zielstrebigkeit und unkonventionellen Entschlossenheit, das Repertoire zu verjüngen, setzte Rattle unmißverständlich ein Signal. Es wurde zumindest in New York nicht nur verstanden, sondern auch erst herzlich, schließlich begeistert begrüßt. Allen voran die "New York Times" schwärmte von einem "revitalisierten und abenteuerlustigen Ensemble" und seiner "inspirierten" Programmgestaltung. Von Goebbels und Dutilleux brachte Rattle immerhin zwei taufrisce Auftragswerke mit, und zumal Goebbels konnte mit dem elektronisch verstärkten Drive und Rigorismus seines "Tagebuchs" einen unerwarteten Erfolg verbuchen. Das Publikum in der Carnegie Hall zeigte sich aufgeschlossener, als es ihm bei solchen Galagastspielen mit Eintrittspreisen bis 187 Dollar gern nachgesagt wird.
on: Aus einem Tagebuch (Composition for Orchestra)