September 2008, El País
Interview (de)
I went to the house but did not enter
Interview with Natalia Erice
-Wie hat die Premiere von I went to the house but did not enter in Edinburgh funktioniert? Wunderbar. Ich war diesesmal sehr nervös, weil es mein (bisher!) leisestes und fragilstes Stück ist, aber offensichtlich waren die Zuschauer / Zuhörer gerade dadurch sehr berührt. Wenn draußen alles immer lauter wird, kann es im Theater auch mal leise sein. -Was willst du mit diesem Stück, das Texte von Beckett, Eliot und Blanchot hat, erzählen? Fragen Sie das einen Maler auch? Oder einen Dichter? Wenn ich das schnell sagen könnte, müßte ich mir doch die ganze Arbeit nicht machen... Aber es geht in allen vier Texten, die ich komponiert habe, ums Scheitern. Und ich hoffe wir können zeigen, daß man darüber auch auf eine vergnügliche und ästhetisch anregende Weise nachdenken kann. -Sind die Sänger hier auch die Performer? Ja. Zum erstenmal in ihrem Leben. Und sie haben diese Erfahrung sehr genossen. Bisher standnen sie meist in schwarzen Anzügen in Kirchen. -Die Musik ist sehr wichtig für deine Regie, hat auch dein Studium von Sociology Einfluss auf deine Stücke? Ja. Musik alleine langweilt mich. Der Blick auf die zeitgenössische Gesellschaft ist aufregender. Und die Frage wie sich mit ihr unsere Wahrnehmung verändert. -Gibt es ein Komponist, Maler oder Filmregisseur der auch deine Stücke inspiriert? Oh mein Gott, da gibt es viele. In diesem Fall waren die Dichter die großen Quellen: T.S.Eliot, Maurice Blanchot, Franz Kafka und Samuel Beckett. Ihre Skepsis gegenüber der Sprache und der geradlinigen Erzählung. Sie haben alle mitkomponiert: die Bilder und die Töne, den Rhythmus und die Melodie. -Wie beschreibst Du die Magie von der Verbindung zwischen Musik und Theater? Vielleicht am besten dadurch, daß wir nicht wirklich wissen, wie die Verbindungen von Hören und Sehen wirklich funktionieren. Vor allem nicht, was es mit uns macht, wenn wir etwas hören und nicht sehen, oder sehen und nicht hören. In “Stifters Dinge” habe ich gelernt, daß man kaum gleichzeitig Hören und Sehen kann - wenn man nicht das konsumierende, sondern das entdeckende Hören und Sehen meint. Deswegen haben wir das auch immer wieder auf verblüffende Weise voneinander getrennt. -Kein Sänger, kein Schauspielern in Stifters Dinge... Wo ist das Theater in dieser Erfahrung? Die Dramatik spielt sich da ab, wo sie sein soll: im Kopf und Körper der Zuschauer. Die sind die Hauptpersonen, auch wenn sie vielleicht ganz konzentriert auf ihren Plätzen sitzen. Die Imagination ist umso größer, je weniger wir ‘geboten’ bekommen, je mehr wir entdecken können. Außerdem gibt es Wasser und Nebel, Regen und Eis... -Wird so das Theater der Zukunft sein, ohne Menschen und mit Maschinen, Mannequins... Wie stellst du es dir vor? Natürlich nicht so. Sonst hätte ich jetzt nicht mit den vier wunderbaren Sängern gearbeitet. Aber das Theater muß über alternativen zur konventionellen Idee von Intensität und Präsenz nachdenken, denn diese sind längst von der Gesellschaft des Spektakels vereinnahmt.
on: I went to the house but did not enter (Music Theatre)